„Es ist das Ergebnis einer Spurensuche“, erklärt Projektleiterin Hannah Zimmermann zum neuen „Fritz“. Zusammen mit Studierenden der TU Chemnitz haben wir am 16. Juli 2020 5000 Exemplare des Stadtteilmagazins „Fritz“ im ehemaligen Chemnitzer Fritz-Heckert-Gebiet verteilt. Die Neuauflage des Stadtteilmagazins entstand im Rahmen eines Forschungsseminars an der TU Chemnitz, in dem sich Studierende zusammen mit der Künstlerin Irène Mélix mit der Geschichte des Fritz-Heckert-Gebiets, der stadträumlichen Entwicklung und den NSU-Bezügen im Viertel auseinandergesetzt haben.

„Die erste und bisher einzige Ausgabe des Fritz erschien bereits im Jahr 2000. Genau 20 Jahre später veröffentlichen wir eine zweite Ausgabe“, sagt Hannah Zimmermann vom Projekt „Offener Prozess“. Im Rahmen des Seminars haben sich die Studierenden im ehemaligen Heckert-Gebiet umgeschaut, Interviews geführt, im Stadtarchiv recherchiert und sich mit der Geschichtswerkstatt Chemnitz und dem Stadtsoziologen Dominik Intelmann ausgetauscht. „Im Seminar haben wir viel über den Stadtteil gelernt. Und mit dem Heft wollen wir seinen Bewohner:innen etwas zurückgeben“, so die TU-Studierende und Seminarteilnehmerin Daniela Deierl.

Für die künstlerische Leitung und Gestaltung des Hefts war Irène Mélix zuständig: „Wir sind bei unseren Recherchen auf die alte Ausgabe des Fritz gestoßen. Und uns war schnell klar, dass das ein gutes Format ist, um unsere Forschung den Bewohner:innen zugänglich zu machen. Immerhin kommt es direkt aus dem Viertel“, erklärt die Künstlerin aus Dresden. Das Heft ist hinsichtlich Formats, Gestaltung und inhaltlicher Gliederung stark an die erste Ausgabe angelehnt. „Es ist aber nicht nur eine historische Rekonstruktion, sondern auch eine nächste Ausgabe, aus aktueller Perspektive geschrieben.“

So ist eine Seite dem Gedenken an die Opfer des NSU gewidmet, deren Geschichte untrennbar mit der des Stadtteils verbunden ist. „Diese Zusammenhänge haben uns interessiert und die haben wir auch im neuen Fritz thematisiert. Etwa die Frage, wieso konnte sich der NSU in dem Stadtteil zuhause fühlen. Uns würde es freuen, wenn unser Heft zur Auseinandersetzung im Stadtteil anregt“, so Mélix weiter. Das bekräftigt auch Projektleiterin Hannah Zimmermann: „Die Spurensuche hat gezeigt, dass der NSU im Heckert-Gebiet nicht im Untergrund im eigentlichen Sinne gelebt hat. Vielmehr konnte dessen Protagonist:innen in eine stellenweise hegemoniale neonazistische Subkultur eintauchen.“

In den Archivarbeiten sowie durch Interviews sind die Studierenden jedoch auf eine spannende, zum Teil widersprüchliche aber auch innovative Geschichte eines nach sozialistischer Utopie geplanten Stadtteils gestoßen. So zieht Irène Mélix das Fazit: „Wir haben bei unseren Erkundungen auch einen lebhaften, interessanten und diversen Stadtteil kennengelernt.“

Verteilt wurde der „Fritz“ im Stadtteil Hutholz, sowie in Kappel und Helbersdorf.

Die Freie Presse berichtet unter der Überschrift „Studenten klären über Verbrechen des NSU auf“ über die Verteilaktion und auch die Morgenpost hat einen Artikel: „Junge Forscher arbeiten NSU auf“.