„Gerechtigkeit kann nur geschaffen werden, wenn uns Raum zum Erinnern gegeben wird.“ (Gamze Kubaşık)
Nach einem langen Prozess, vielen Gesprächen und Recherchen konnte das Projekt re:member the future am 06.10.2023 das Konzept für einen Gedenk- und Erinnerungsort in Chemnitz an die Betroffenen des NSU-Komplexes vorstellen. In Chemnitz gibt es bisher keinen materialisierten Gedenk- und Erinnerungsort für und an die Opfer und Betroffenen des NSU-Komplexes. Das Konzept analysiert daher verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung, um einen Prozess zur Errichtung eines Gedenkorts in der Stadt Chemnitz anzustoßen. Dazu haben wir uns mit Betroffenen, Angehörigen sowie anderen erinnerungs- und stadtpolitischen Akteur*innen ausgetauscht und es sind folgende Fragen und Aufgabenfelder entstanden, zu denen im Rahmen eines Konzeptes inhaltliche und organisatorische Vorschläge gemacht werden: Wie können Prozesse gestaltet werden, die Betroffene, Überlebende und Angehörige sowohl in den Auswahl- als auch in den Gestaltungsprozess einbeziehen? Wie kann ein solcher Gedenkort imaginiert, welche inhaltlichen Ebenen können verhandelt werden? Was braucht es um einen künstlerischen Wettbewerb auszurichten?
Die Ergebnisse des Konzeptes wurden an dem Abend vorgestellt. Nachzulesen ist das vollständige Konzept unter folgendem Link: https://offener-prozess.de/remember-the-future/das-konzept/
Neben dem Konzept wurde an dem Abend ein neues Kunstwerk enthüllt. Mit der Installation ama bal | but honey | aber honig widmet sich das Künstler*innenkollektiv ARK der sogenannten „akustischen Segregation“ während des NSU-Prozesses.
Die Sound-Installation ama bal | but honey | aber honig verhandelt die Frage, wie die Mikrofonschaltung im Gerichtssaal Redeordnungen bestimmt. Der Hintergrund: Während der NSU-Prozesse wurden Mikrofone der Beteiligten an- und abgeschaltet. Auf diese Weise kamen nicht alle Parteien gleichermaßen zu Wort, vor allem Betroffene wurden durch die Methode der Technik an Äußerungen gehindert. Das führte zu gesamtgesellschaftlichen Fragen, die ARK in seiner Sound-Installation aufgreift. Etwa danach, wer eigentlich sprechen darf, wer wem Auskunft erteilen muss? Wer kann sich Gehör verschaffen, wer muss stumm bleiben?
Im Kunstwerk werden Mikrofone als Technologien nicht nur des Sprechens, sondern auch des strategischen Schweigens benutzt. Sie sind zugleich Zeugen eines Prozesses, der mehr mit sich selbst beschäftigt scheint als mit den Morden, um die er sich dreht. Ausgangspunkt der Installation ist der Aufsatz „Richt-Mikrofone. Gutachten zu Fragen nach möglicher “sonischer Segregation” im sogenannten NSU-Prozess“ von Johannes Ismaiel-Wendt.
Die Sound-Installation ist bis zum 11. November (Mittwoch-Sonntag, 14-20 Uhr) im Open Space zu sehen. Im kommenden Jahr wird ama bal | but honey | aber honig dauerhaft in die mobileAusstellung „Offener Prozess” integriert.