In Gedenken an
Enver Şimşek
Abdurrahim Özüdoğru
Süleyman Taşköprü
Habil Kılıç
Mehmet Turgut
İsmail Yaşar
Theodoros Boulgarides
Mehmet Kubaşık
Halit Yozgat
Michèle Kiesewetter
Atilla Özer
(2017 an den Spätfolgen des Anschlags in der Keupstraße gestorben)
In Solidarität mit
allen Opfern und Betroffenen des NSU-Komplex
den Angehörigen der Toten
den Überlebenden der Anschläge in Nürnberg, in der
Probsteigasse (Köln) und in der Keupstraße (Köln)
dem Überlebenden Martin A.
den Betroffenen und Überlebenden der Raubüberfälle in
Chemnitz, Zwickau, Stralsund, Arnstadt und Eisenach
Projektbeschreibung
re:member the future ist ein Projekt zur Konzeptionalisierung eines Gedenk- und Erinnerungsortes in Chemnitz für und an die Betroffenen des rechten Terrors des NSU.
Das gesamte Konzept kann hier als PDF heruntergeladen werden.
re: – Eine Antwort. Eine Intervention gegen das Vergessen
Chemnitz ist die einzige Stadt mit Bezug zum NSU-Komplex, die bis heute über keinen Gedenkort für die Betroffenen und Opfer des NSU-Komplexes verfügt. Es gibt keinen physischen Ort in Chemnitz, der Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter und Atilla Özer gedenkt und an die Angehörigen und Betroffenen, die Überlebenden der Bombenanschläge in Nürnberg, der Probsteigasse (Köln) und in der Keupstraße (Köln), an den Überlebenden Martin A. und an die Betroffenen und Überlebenden der Raubüberfälle in Chemnitz, Zwickau, Stralsund, Arnstadt und Eisenach erinnert.
re:member – Ein Ort des Gedenkens, des Erinnerns, der Sichtbarkeit von Personen, ihren Namen und ihren Geschichten
Mit re:member the future soll daher ein Prozess hin zu einem Erinnerungsort angestoßen und begleitet werden. Das Projekt nimmt die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen und Angehörigen als Zentrum und Grundlage für die Frage, wie die Umsetzung eines Gedenkortes in Chemnitz gestaltet werden kann. In enger Zusammenarbeit mit den Angehörigen und einem Beirat von „Critical Friends“ wollen wir bis September 2023 ein Konzept erstellen, das von Beginn an verschiedene Perspektiven einbindet und einen Vorschlag für ein transparentes und partizipatives Ausschreibungsverfahren macht. Dieses soll als Grundlage für die Erarbeitung eines Antrags im Chemnitzer Stadtrat dienen.
re:member the future – Eine Erinnerung an Kontinuitäten aus der Vergangenheit. Ein Gedenken in der Gegenwart in Referenz an eine Zukunft
Erinnern verstehen wir dabei als eine politische Handlung, die unterschiedliche Dimensionen gesellschaftlicher Machtverhältnisse adressieren und vielfältige Formen annehmen kann. Innerhalb des Projekts möchten wir daher besonders folgende Fragen in den Blick nehmen:
Wie kann ein materialisierter Erinnerungsort in Chemnitz den Betroffenen und Opfern des NSU gedenken und ihre Geschichten erzählen? Wie können die verschiedenen Ebenen gesellschaftlicher Verantwortung für die Möglichkeit und das Fortwirken rechter und rassistischer Gewalt adressiert und kontinuierliche Lernräume geschaffen werden? Wie können kollektive migrantische Kämpfe und Widerstände sichtbar gemacht und Orte des Zusammenkommens eröffnet werden?
Hintergrund
Bereits in den 1990er Jahren war Chemnitz Dreh- und Angelpunkt der sächsischen Neonaziszene. Diehier ansässige Blood and Honour-Bewegung Sachsen gehörte zu einer der stärksten neonazistischen Gruppierung in Deutschland. Die Schlüsselfiguren waren oder sind weiterhin weltweit vernetzt. Nicht zufällig suchte sich der selbsternannte Nationalsozialistische Untergrund (kurz NSU) auf der Flucht vor den Ermittlungsbehörden als erste Station im „Untergrund“ die Stadt Chemnitz aus. Chemnitz wurde die Operationsbasis für die Planung und Umsetzung einer deutschlandweiten Mord-, Raubund Sprengstoffserie.
Wie auf der Interaktiven Karte des Projekts „Offener Prozess“ (https://www.offener-prozess.net/critical-map) zu sehen ist, gibt es im gesamten Stadtgebiet Chemnitz Orte mit NSU-Bezug: Wohnorte, Orte, an denen die Mitglieder des NSU Raubüberfälle verübten. Hinzu kommen Orte der Waffenübergaben und der Anmietung von Tatfahrzeugen, aber auch Orte des alltäglichen Lebens in einem Umfeld, in dem die Rechtsterrorist*innen nicht auffielen und aktiv gedeckt wurden. Die Kontinuitäten rechter Gewalt in Chemnitz wurden zuletzt bei den Ausschreitungen im Sommer 2018, der Enttarnung der rechtsterroristischen Vereinigung „Revolution Chemnitz“ sowie der unaufgeklärten Anschlagsserie auf migrantische Restaurants in Chemnitz sichtbar.
Die Stimmen der Opfer und Angehörigen, ihre Namen und ihre Geschichten sind bislang in der Chemnitzer Stadtgesellschaft noch sehr unbekannt und unsichtbar. Das Lernen aus der Geschichte und die kontinuierlichen Aufarbeitungs- und kritischen Reflexionsprozesse neonazistischer und rassistischer Einstellungen brauchen zentrale Orte. Vor dem Hintergrund der Verantwortung der Stadt Chemnitz für die NSU-Aufarbeitung und das Erinnern an die Opfer sehen wir in dem Prozess der Konzeption eines Gedenkortes eine notwendige Intervention gegen das Vergessen und einen wichtigen Schritt für die Verstetigung des Erinnerns innerhalb der Chemnitzer Stadtgesellschaft.
Konzeptionsprozess
Mit der Konzeption möchten wir einen Ausblick auf einen Gestaltungsprozess hin zu einem Erinnerungsort geben, der unterschiedliche Perspektiven einbezieht, ein Lernen aus bisherigen Erfahrungen der Erinnerungsarbeit ermöglicht und einen Ausblick auf bildungspolitische Handlungsspielräume gibt. Für den Konzeptionsprozess wurden zunächst Interviews mit Betroffenen, Angehörigen und solidarischen Begleiter*innen geführt. Die Impulse und Ergebnisse aus den Interviews, die Empfehlungen und Analysen eines Beirats sowie Gespräche mit stadtpolitischen Akteur*innen werden in das Konzept einbezogen, welches schließlich Handlungsempfehlungen zu folgenden Fragen geben soll:
• Wie können und wollen Angehörige und Betroffene in den Prozess der Entwicklung eines Gedenkortes in Chemnitz eingebunden werden?
• Wie kann die Einbindung stadtpolitischer Akteur*innen gelingen, um die Nachhaltigkeit von Bildungsprozessen rund um den entstehenden Gedenkort zu gewährleisten?
• Welche Umsetzungsmöglichkeiten für einen interaktiven und digitalen Erinnerungsort gibt es?
• Wie kann im Auswahlverfahren eine zivilgesellschaftliche Beteiligung ermöglicht werden?
• Was braucht es, um einen Ideenwettbewerb auszurichten?
• Welches Budget muss für die Realisierung eines Gedenkortes eingeplant werden?
Projektbeirat
Etelka Kobuß, Migrationsbeauftragte der Stadt Chemnitz
Ali Şirin, Sozialwissenschaftler, Social Justice- und Antirassismus-Trainer
Serpil Unvar, Gründerin der Bildungsinitiatve Ferhat Unvar
Katharina Warda, Projektmanagerin bei DaMOst e.V., Autorin und Speakerin